Auf Unternehmensebene ist es meistens kompliziert, den genauen Effekt von Employee Experience Management nachzuweisen. Im Rahmen von Linkage-Analysen werden beispielsweise genügend Experience-Daten sowie standardisierte Kennzahlen benötigt – bestenfalls zeitversetzt. Die Erfahrung zeigt jedoch: Immer dann, wenn es methodisch machbar ist, lassen sich deutliche Effekte identifizieren.
Im Vorfeld solcher Analysen empfiehlt es sich, den potenziellen ökonomischen Nutzen eines besseren Managements von Employee Experience zu simulieren, insbesondere mit Blick auf die Produktivitätsentwicklung, Kostenersparnis und Erschließung von Effizienzpotenzialen. Eine solche Simulation einer ganzheitlichen Herangehensweise ist allerdings nicht mit einer simplen Formel umsetzbar. Vielmehr sollte sie folgende Kriterien erfüllen:
- Erfassung der Ausgangslage: Mitarbeiteranzahl, -produktivität, Personalkosten, durchschnittliche Bleibedauer der Mitarbeiter, Rekrutierungskosten, HR-Investition je Mitarbeiter, aber auch die bisherigen Kosten für Befragungen (Anbieter und eigener Aufwand). Zudem gilt es, die bisherige Komplexität und den Reifegrad der eigenen Aktivitäten zu klassifizieren.
- Realistische Entwicklungsambitionen: Angepeilte Ausbaustufe im Employee-Experience-Management – etwa differenziert nach Elementen der Feedbacksammlung, Datenverarbeitung, Datenanalyse und Maßnahmenplanung
- Geschätzte Kostenveränderung (Anbieter und Aufwand) im Zeitverlauf
- Realistische Modell-Annahmen, wie der durchschnittliche Produktivitätsbeitrag von Mitarbeitern im Zeitverlauf (anfänglich stark steigend und später langsam fallend), schrittweise Entwicklung des Employee-Experience-Managements über die ersten ein bis drei Jahre hinweg.
Zumeist führen diese Simulationen zu echten Aha-Effekten, wenngleich sie – wie jedes Modell – nicht präzise vorhersagen, sondern nur das ungefähre Potenzial aufzeigen können. Viele Unternehmen sind sich des ungenutzten Potenzials jedoch gar nicht bewusst.
"Solange Mitarbeiter nicht das Gefühl haben, ihre Meinung sei dem Unternehmen wichtig oder sie können etwas bewirken, lässt sich das Potenzial von EX kaum nutzen." Dr. Roland Abel
Viel ungenutztes Potenzial
Das Potenzial von EX-Management wird mehrheitlich nicht ausgeschöpft. Einer neuen weltweiten Qualtrics-Studie zufolge berichteten im Oktober 2019 lediglich 32 Prozent der deutschen Beschäftigten (500 Befragte), dass ihr Arbeitgeber ihr Feedback quartalsweise oder öfters erfasst, obwohl viermal pro Jahr gemäß Vorjahresstudie der am häufigsten bevorzugte Rhythmus ist. Immerhin 24 Prozent berichten, dass sie Feedback zu Training und eigener Entwicklung geben können. Alle anderen ergänzenden Feedbackgelegenheiten werden deutlich seltener genannt (jeweils unter zehn Prozent). Diese Zurückhaltung zeigt, dass regelmäßiges Feedbackgeben in den meisten Unternehmen noch nicht zur Normalität gehört. Solange Mitarbeiter nicht das Gefühl haben, ihre Meinung sei dem Unternehmen wichtig oder sie können etwas bewirken, sondern sich stattdessen eher vor negativen Konsequenzen fürchten, lässt sich das Potenzial von EX kaum nutzen.
Rahmenbedingungen für Feedbackkultur schaffen
EX-Management bedeutet nicht nur effizienter zuzuhören, sondern auch die Rahmenbedingungen für eine wertvolle Feedbackkultur zu schaffen. Hierzu gehört zuallererst das Arbeiten mit den Ergebnissen. Im Idealfall werden Mitarbeiter über diese informiert und direkt mit einbezogen. Ziel ist es, durch das Adressieren der richtigen Themen für die richtigen Zielgruppen zu den entscheidenden Zeitpunkten eine höhere Relevanz der Ergebnisse zu erzielen. Wer mehr bewegen will, sollte nicht nur effizienter zuhören, sondern besser. Das erfordert zumeist ein Umdenken und eine ganzheitliche Herangehensweise, die die verschiedenen Aktivitäten, Daten und Schlussfolgerungen bündelt. Dazu zählen sowohl ein klug gesteuertes EX-Programm als auch eine Software mit flexiblen Integrationsoptionen, wie die Chance zum Ausprobieren, beispielsweise durch eine einfache Konzeptanpassung in Fragebögen oder Dashboards.
Fazit
Die meisten Unternehmen schöpfen das ökonomische Potenzial von EX-Management bei weitem nicht aus. Sie nutzen weder die vielfältigen Möglichkeiten, noch schaffen sie die dafür notwendige Feedbackkultur. Die Vielfalt an guten Argumenten und neuer Technologie allein bewirken vermutlich noch kein Umdenken. Geeignete Simulationen können hierbei helfen. Wer dann vom Nutzen überzeugt ist, muss es „nur noch“ richtig machen. Die gute Nachricht ist: Es war noch nie einfacher, Employee Experience gut zu managen.
Gastbeitrag von Qualtrics, Partner des HR Innovation SUMMIT (Ausschnitt aus einem Artikel auf haufe.de)
Zum Autor: Dr. Roland Abel ist Head of Growth & Strategy - Employee Experience (EX) DACH bei Qualtrics. Qualtrics bietet unter anderem verschiedene Befragungstools sowie eine Employee-Experience-Plattform an. Abel unterstützt Qualtrics-Kunden bei der Erhebung von Experience-Daten. Dabei kümmerte er sich um die Konzeption und Auswertung der Umfragen, die Besprechung der Ergebnisse mit der Führungsebene und um die Planung von Folgeaktivitäten. Zuvor promovierte er in Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum.