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Fünf Handlungsfelder für HR zur Förderung der Produktivität durch eine bessere Employee Experience

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Die Steigerung der Produktivität ist insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten eine zentrale Zieldimension für Unternehmen und damit oft auch für das Personalmanagement aus Sicht der Unternehmensleitung. Es bleibt unbestritten, dass motivierte und engagierte Mitarbeitende nicht nur die Produktivität, sondern auch die Entwicklungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens stärken. Daher wird im modernen Personalmanagement die Optimierung der Employee Experience als zentraler Hebel für die Steigerung der Produktivität hervorgehoben.

In diesem Beitrag versuchen wir, die Zusammenhänge zwischen der Zielsetzung der Produktivität (Employee Productivity) und einer positiv wahrgenommenen und erlebten Employee Experience herauszuarbeiten. Zudem wird aufgezeigt, an welchen Handlungsfeldern HR-Abteilungen in Bezug auf die Employee Experience arbeiten sollten, um die vorrangige Zielsetzung der Produktivitätssteigerung zu erreichen.

Was ist Employee Productivity und Employee Experience?

Employee Productivity und Employee Experience sind wesentliche Konzepte im Personalmanagement, die eng miteinander verbunden sind. Beide Begriffe zu verstehen und ihre Beziehung zu analysieren, ist entscheidend für die Entwicklung effektiver HR-Strategien zur Steigerung der Unternehmensleistung.

Employee Productivity bzw. Mitarbeiterproduktivität

Die Mitarbeiterproduktivität (auch Employee Productivity oder Workforce Productivity genannt) bezieht sich gemäß der allgemeinen Definition von Produktivität nach Wöhe auf das Verhältnis von Ergebnis (Output) zu Aufwand (Input) eines Prozesses. Für die Mitarbeitenden bedeutet dies, dass es das Maß für die Menge und Qualität der Arbeit ist, die ein Mitarbeitender in einer bestimmten Zeitspanne erledigen kann. Sie wird oft als Key Performance Indicator für einen Prozess oder allgemeiner für eine Organisation herangezogen. Dabei ist festzuhalten, dass Produktivität immer nur eine Momentaufnahme ist und aufgrund ihrer unterschiedlichen Definitionen bei Input und Output sowie den externen, sich verändernden Einflussfaktoren auf den Prozess nur bedingt zum Vergleich verwendbar ist.

Im Kontext der Mitarbeiterproduktivität gibt es verschiedene externe Einflussfaktoren für den "Prozess" der Arbeitserledigung, darunter:

  • Verwendete Arbeitswerkzeuge und Technologien
  • Arbeitsumgebung und physische sowie organisationale Rahmenbedingungen
  • Fähigkeiten und Einstellungen der Mitarbeitenden zur Arbeit
  • Gesundheitszustand und Wohlbefinden der Mitarbeitenden

Employee Experience

Das Konzept der Employee Experience umfasst alle erlebten Erfahrungen der Mitarbeitenden durch die Interaktionen und Wahrnehmungen im Arbeitsumfeld. Dazu gehören u.a. die Erfahrungen mit den "Prozessfaktoren" wie Arbeitswerkzeuge, Arbeitsumgebung, organisatorische Rahmenbedingungen inklusive Führung und Unternehmenskultur, zeitliche Organisation der Arbeit sowie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und Teilhabe. Eine positive Employee Experience beeinflusst die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrer Arbeit, ihrem Wirken und dem Unternehmen direkt und steigert somit das Engagement – die Arbeitsmotivation und aktive Teilnahme am Organisationsgeschehen. Eine optimierte Employee Experience führt somit zu mehr Zufriedenheit, höherem Engagement und letztlich zu mehr Produktivität.

Warum müssen wir aktuell überhaupt über Employee Produktivity sprechen?

Verschiedene Entwicklungen erfordern, dass wir uns intensiv mit dem Thema Employee Productivity beschäftigen. Insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten der Dauerkrisen und großen Veränderungen fordert das Top-Management von den HR-Abteilungen klare Maßnahmen zur Förderung der Produktivität. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Steigende Kosten und abnehmendes Engagement: Demotivierte Mitarbeitende führen weltweit zu enormen Produktivitätsverlusten von schätzungsweise 8,8 Billionen US-Dollar pro Jahr. Gleichzeitig steigen die Lohnkosten aufgrund der Inflation und der allgemeinen Wohlstandsentwicklungen. Das Management zielt darauf ab, unproduktive Arbeit zu reduzieren und die Arbeitsleistung zu steigern.
  • Herausforderungen durch Krisen und das hybride Arbeitsumfeld: Die Corona-Krise und digitale Veränderungen haben das Mitarbeiterwohl stark strapaziert. 85% der Führungskräfte sehen es als Herausforderung an, die Produktivität im hybriden Arbeitsumfeld zu steuern und zu bewerten.
  • Fachkräftemangel und Mitarbeiterbindung: In einem wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt ist es ein Problem, eingearbeitete Mitarbeitende zu verlieren und nicht ersetzen zu können. Dies beeinträchtigt die Produktivität erheblich.
  • Digitaler Wandel und KI-Disruption: Der digitale Wandel führt zu grundlegenden Veränderungen in Arbeitsabläufen und -prozessen. Die Einführung von KI-Systemen und die zunehmende Automatisierung von Routineaufgaben rücken die Diskussion über die Produktivität in den Vordergrund.

Diese Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit, die Mitarbeiterproduktivität zu steigern und die Rolle der Employee Experience in diesem Zusammenhang zu analysieren.

Die Rolle der Employee Experience und der Zusammenhang zur Employee Productivity

Wie bereits beschrieben ermöglicht eine gute Employee Experience eine positive Wahrnehmung der Arbeitserbringung. Vor dem Hintergrund eines modernen Menschenbildes, bei dem der Mensch als selbstmotiviert, aktiv und auf Selbstverwirklichung, Autonomie und Anerkennung ausgerichtet beschrieben wird, ist anzunehmen, dass Menschen grundsätzlich gerne arbeiten und dies positiv erleben wollen. Das Streben nach Zufriedenheit und Wertschätzung, das durch das Unternehmen und das Arbeitsumfeld erfüllt wird, bestätigt und motiviert die Mitarbeitenden, führt zu mehr Engagement, mehr Einsatz und Teilhabemotivation – und damit zu mehr Loyalität und letztlich zu höherer Produktivität.

Ein positiver Zusammenhang zwischen Employee Experience und Productivity lässt sich damit deutlich machen. Investitionen in die Employee Experience zahlen sich in Form von höherer Produktivität, geringerer Fluktuation und gesteigerter Innovationsfähigkeit aus. HR-Abteilungen sollten daher Strategien entwickeln, die beide Aspekte gleichermaßen fördern.

Handlungsfelder der Employee Experience für die Steigerung der Employee Productivity

Aus unserer Definition der Employee Experience erkennen wir die Wirksamkeit dieser auf die Mitarbeitendenproduktivität insbesondere im Bereich der Optimierung der "Prozessfaktoren" der Arbeitserbringung. Diese "Prozessfaktoren" untergliedern wir in folgende fünf Handlungsfelder:

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Verbesserung der unterschiedlichen "Work Experiences"

Eine unterstützende Arbeitsumgebung fördert die Effektivität und Effizienz der Mitarbeitenden – und das sollte die Basis vor jedem Obstkorb und Kicker für das Wohlbefinden sein. Zu den wesentlichen Faktoren gehören:

  • Physical Work Experience: Durchdachte Arbeitsplatzgestaltung und ergonomische Aspekte des Arbeitsplatzes und Arbeitsbereiches reduzieren körperliche Belastungen und fördern die Effektivität bei der Arbeitserbringung. Während das Thema im Allgemeinen für Unternehmen nichts Neues ist, so müssen die Aspekte für den hybriden Arbeitsalltag neu gedacht werden.

  • Digital Workplace Experience: Moderne, leistungsfähige und intuitive Technologien und Werkzeuge gehören zur Grundausstattung für eine effektive Arbeitserbringung. Sie sind die Basis für hohe Produktivität. Umständliche Arbeitsabläufe aufgrund von nicht intuitiven Arbeitswerkzeugen oder Anwendungen führen zu Frustration und Demotivation.

  • Collaborative Work Experience: Sowohl für die Produktion als auch die Wissensarbeit gilt, dass der moderne Arbeitsalltag viele kollaborative Elemente umfasst, bei denen Menschen mit Menschen oder Maschinen zusammenwirken müssen. Auch müssen Arbeitsstati übergeben und Informations- und Wissensstände transparent gemacht werden. Eine reibungslose Zusammenarbeit ist an vielen Stellen entscheidend für die Produktivität der Organisation. Hier müssen Werkzeuge und Routinen unterstützend wirken und das Zusammenspiel von Menschen und ihren Prozesspartnern unterstützen.

  • Hybrid Work Experience: Die Unterstützung bei der Koordination und Realisierung der Arbeitserbringung sowohl im Büro als auch von anderen Standorten aus ist entscheidend. Technologien und Prozesse, die die Abstimmung und Zusammenarbeit von verteilten Teams fördern, sind unerlässlich.

Organisatorische Rahmenbedingungen und "Cultural Experiences"

Die Zielsetzung dieser Aspekte liegt vor allem auf der Förderung von Engagement durch die Führungs- und Managementpraktiken und die Unternehmenskultur. Es sind die "weichen" Faktoren der Employee Experience – die gelebt und entwickelt werden müssen und sehr entscheidend für die individuelle wie auch organisationale Produktivität sind. Zu den wesentlichen Faktoren gehören:

  • Arbeitsorganisation & "Ways of Working Experience": Effiziente Arbeitsorganisation und klare Arbeitsabläufe unterstützen die Produktivität. Dazu gehören Methoden und Prozesse, die den Arbeitsalltag strukturieren und optimieren.

  • Individuelle Teilhabe- und Gestaltungsmöglichkeit & die "Participation Experience": Mitarbeitende sollten die Möglichkeit haben, ihre Arbeitsumgebung und -prozesse mitzugestalten. Dies fördert das Gefühl der Wertschätzung und Zugehörigkeit.

  • Führungskultur, Management-Verständnis und die "Leadership Experience": Führungskräfte sollten eine Kultur der Wertschätzung und Unterstützung fördern. Regelmäßige Anerkennung von Leistungen und transparente Kommunikation sind entscheidend für ein positives Arbeitsumfeld.

  • Allgemeine Unternehmenskultur & die "Corporate Culture Experience": Eine positive und inklusive Unternehmenskultur trägt zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei und fördert die Loyalität. Vielfalts- und Inklusionsprogramme stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl und erhöhen das Engagement der Mitarbeitenden.

Verbesserung des administrativen HR Supports und die "HR Service Experiences"

Die Gestaltung der Arbeitsbeziehung zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen sowie das Angebot und die Ausgestaltung von HR-Services für die Koordination und Interaktion in dieser Beziehung sind ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt für die Verbesserung der Employee Experience. Zu diesen Aspekten gehören:

  • Employee Lifecycle Service-Experience: Diese bezieht sich auf die Erfahrungen mit den HR-Angeboten entlang des gesamten Employee Lifecycles. Dazu gehören Onboarding, Leistungsbeurteilungen, Feedback-Prozesse, Abstimmungsverfahren bei Vertragsveränderungen oder Beförderungen sowie Kündigungen, Outplacements und Offboarding-Prozesse. Im Kern geht es dabei um Transparenz und Wertschätzung.

  • Mitarbeiterorientierte HR-Services und die "HR Administration Experience": Im modernen Unternehmenskontext erwarten Mitarbeitende zunehmend Transparenz sowie leichten und selbstbestimmten Zugang zu Verwaltungs- und Informationsmöglichkeiten rund um ihre Arbeitsverhältnisdaten und deren Veränderungen. Self-Service-Portale unterstützen hierbei die Verwaltung und die Prozesse und reduzieren den administrativen Aufwand.

  • Flexibilisierung der Modalitäten des Arbeitsverhältnisses: Flexible Arbeitszeiten, Arbeitsorte und Gehaltsbestandteile unterstützen die Work-Life-Balance und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Dazu gehören Gleitzeitmodelle, Home-Office-Möglichkeiten und flexible Gehaltsmodelle. Das Angebot solcher Modelle wertschätzt die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden und trägt zu einer positiven Erfahrung bei.

  • Unternehmens- und HR-Kommunikation & Information: Eine transparente und effektive Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden ist entscheidend. Regelmäßige Updates, klare Richtlinien und offene Feedback-Kanäle fördern das Vertrauen und die Zufriedenheit.

Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten & die "Learning Experiences"

Die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung und Teilhabe an Entscheidungsprozessen erhöht das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Zu den wesentlichen Faktoren gehören:

  • Lern- und Fortbildungsunterstützung für den Wandel des Arbeitsalltages: Mitarbeitende sollten Zugang zu kontinuierlichen Lern- und Fortbildungsmöglichkeiten haben, um den sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsalltages gerecht zu werden.

  • Formalisierte Karriereentwicklung: Klare Karrierewege und strukturierte Entwicklungsmöglichkeiten stärken das Engagement der Mitarbeitenden und fördern deren berufliche Weiterentwicklung.

  • Individuelle Job-bezogene Feedback-, Coaching- und Entwicklungsmöglichkeiten: Regelmäßiges und konstruktives Feedback, Coaching und maßgeschneiderte Entwicklungspläne unterstützen die individuelle Entwicklung und Leistungssteigerung.

  • Unterstützung bei Fähigkeiten- und Kompetenzentwicklung: Unternehmen sollten Programme und Ressourcen zur Verfügung stellen, die Mitarbeitende bei der Erweiterung ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen unterstützen.

  • Change & Transformation Support in Veränderungsprozessen: Unterstützung der Mitarbeitenden während Veränderungsprozessen ist entscheidend, um ihre Anpassungsfähigkeit und Resilienz zu fördern und gleichzeitig die Produktivität aufrechtzuerhalten.

Förderung der Gesundheit und die "Well-Being Experiences"

Programme zur Gesundheitsförderung und zum Wohlbefinden steigern weiter die allgemeine Zufriedenheit und Produktivität. Zu den wesentlichen Faktoren gehören:

  • Resilienz-Support & Stress-Bewältigung: Unterstützung bei der Entwicklung von Resilienz und der Bewältigung von Stress ist entscheidend für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden.
  • Work-Life-Balance & Blending: Flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Möglichkeiten verbessern die Work-Life-Balance und ermöglichen ein harmonisches Zusammenspiel von Beruf und Privatleben.
  • Gesundheitsprogramme: Angebote wie Fitnesskurse, gesunde Ernährung und mentale Unterstützung fördern die Gesundheit der Mitarbeitenden.

Fazit: Die entscheidende Rolle der Employee Experience in der Steigerung der Produktivität

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Employee Experience einen wesentlichen Einfluss auf die Produktivität der Mitarbeitenden hat. Indem HR-Abteilungen gezielt an den genannten Handlungsfeldern arbeiten, können sie die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld so gestalten und verbessern, dass Mitarbeitende motiviert, engagiert und produktiv bleiben bzw. sich darin steigern.

Die Verbesserung der unterschiedlichen "Experience"-Komponenten braucht eine ganzheitliche Herangehensweise. Während die Unterstützungskomponenten der "Work Experiences" auch kurz- bis mittelfristig wirksam werden, gilt es bei den kulturellen Aspekten langfristig Ausdauer zu beweisen. Letztlich führt die Optimierung der Employee Experience aber nicht nur zu Produktivitätssteigerungen, sondern auch zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung und der Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Investitionen in diese Bereiche zahlen sich demnach aus, da sie den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig sichern.